Die Evangelische Kirche der Böhmischen Brüder veranstaltete am Donnerstag, den 21. März 2024 in den Räumlichkeiten des Senats des Parlaments der Tschechischen Republik den bereits dritten Jahrgang der interdisziplinären Konferenz.
Die Konferenz findet im Rahmen der Internationalen Woche gegen Rassismus statt, für die in Tschechien die EKBB verantwortlich zeichnet. Die Schirmherrschaft über die Veranstaltung übernahm Senatspräsident Miloš Vystrčil. Thema im Verhandlungssaal des Palais Wallenstein war die Menschenwürde aus unterschiedlichsten Blickwinkeln.
„Der Schutz der Menschenrechte gehört zu den wesentlichen Aufgaben der Kirche in der Gesellschaft und das diesjährige Thema der Menschenwürde ist sehr aktuell. In einer Zeit, in der sich Gesellschaften offensichtlich polarisieren, in der Angst und verschiedene Meinungen spaltend wirken, in der sich angespannte Beziehungen in Konflikten in sozialen Netzwerken und darüber hinaus spiegeln und zu Spaltung und Missverständnissen zwischen den Generationen beitragen, wollen wir darüber sprechen, wie wichtig es ist, einander zu respektieren und daran zu erinnern, dass alle Menschen frei und an Würde und Rechten gleich geboren werden“, so der Sprecher der EKBB Jiří Hofman.
Zu Beginn ergriff Miloš Vystrčil das Wort, der die Teilnehmer begrüßte und ihnen für die interessante Initiative dankte. „Die Bewahrung und der Schutz der Menschenwürde ist ein Thema, das uns auf Schritt und Tritt begleitet – ob es um die Behandlung von Kranken, das Leben von Menschen mit Behinderungen oder das Leben im Alter geht. Die Achtung der Menschenwürde eines jeden Menschen ist ein Zeichen der Reife und des Maßes der Freiheit einer Gesellschaft. Ich schätze die Tatsache, dass der Senat der Tschechischen Republik ein würdiger Ort für solche Diskussionen ist“, so Vystrčil.
Nach der Einführung begann der morgendliche Vorlesungsblock. Der Römisch-katholische Priester, Salesianer und Schul- und Gefängniskaplan Ladislav Heryán bot eine neutestamentliche Perspektive auf die Frage der Würde. Er erinnerte an die Worte Jesu: „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ (Mt 25,40)
Olga Richterová, stellvertretende Vorsitzende des tschechischen Abgeordnetenhauses, sprach das Phänomen der Würde in der zwischenmenschlichen Kommunikation an, einschließlich der sehr aktuellen Thematik der (oft entmenschlichten und hasserfüllten) Kommunikation online und in sozialen Netzwerken. Dabei ging sie auch auf eigene Erfahrungen mit Hassrede (sogenannter Hate Speech) und der Verbreitung von Desinformation ein, dessen Zielscheibe sie in der Vergangenheit häufiger war. In diesem Zusammenhang betonte sie die Verantwortung jedes Einzelnen für das, was er anstößt und verbreitet.
Erik Čipera, Direktor der Organisation Asistence o. p. s., sprach über die Frage der Würde von Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Seiner Meinung nach sollten sich die Politiker auch auf Themen konzentrieren, die keine „politischen Punkte“ bringen, aber dennoch einen großen Einfluss auf die Lebensqualität haben. Diese betreffen ihm zufolge beispielsweise Menschen mit schweren Behinderungen. Rund 15 000 Menschen in Tschechien sind auf die höchste Pflegestufe (fünf) angewiesen. Sie müssen sin der Lage sein mindestens zwölf Stunden Pflege am Tag zu bezahlen. Die derzeitige staatliche Unterstützung reicht nur für fünf Stunden Pflege.
Traditioneller Bestandteil der Veranstaltung ist außerdem die Bekanntgabe der Ergebnisse des Literaturwettbewerbs für Schüler und Studenten. Seit Januar dieses Jahres haben Schüler und Studenten aus der ganzen Tschechischen Republik und der Ukraine ihre Gedanken und Essays zum Thema Würde eingeschickt.
Aus den eingegangenen Arbeiten wählte eine Fachjury die 14 besten aus, die am Ende der Konferenz feierlich bekannt gegeben wurden. Zu den Mitgliedern der Jury gehörten wie im vergangenen Jahr auch Experten des Verlags Albatros Media. Die Lektoren und Redakteure des Verlags gaben den Schülern und Studenten wertvolles Feedback mit.
Auch in die diesjährige Ausgabe des Wettbewerbs floss das Thema Krieg in der Ukraine und dessen Auswirkungen auf unsere Gesellschaft mit ein. Die Autorin des Siegeressays in der jüngeren tschechischsprachigen Kategorie schrieb in der Spalte Motivation: „Ich interessiere mich seit langem für die Probleme des Krieges in der Ukraine, die Situation der Kriegsflüchtlinge und das Verhältnis der tschechischen Bevölkerung zu den Geflüchteten. Gleichzeitig scheint mir, dass das anfängliche Interesse und die Unterstützung für die Ukraine jetzt zurückgehen. Auch wenn die Situation mich nicht direkt betrifft, sind viele meiner Freunde und Klassenkameraden persönlich betroffen. Daher ist zumindest das Interesse daran, meine Gedanken in Essays oder Debatten zu formulieren, meine Form der Unterstützung, die ich anbieten kann. Mit Worten der Unterstützung kann man zwar keine Waffen kaufen, aber sie können den Ukrainern Hoffnung geben, dass uns ihre Situation nicht gleichgültig ist.“
Die Preisverleihung wurde vom Leiter der zentralen Kirchenkanzlei der EKBB, Martin Balcar, moderiert. Denn Preis überreichte der Senatspräsident Miloš Vystrčil gemeinsam mit dem Synodalsenior Pavel Pokorný und der Jury. Die Siegerwerke wurden mit wertvollen Preisen und Preisgeldern ausgezeichnet. Nach Abschluss des Programms hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, die repräsentativen Räumlichkeiten Wallensteinpalais zu besichtigen.
Diese Veranstaltung fand im Rahmen einer breiteren Initiative der Internationalen Woche gegen Rassismus statt, die die EKBB der Tschechischen Republik in Zusammenarbeit mit der Deutschen Stiftung gegen Rassismus organisiert. Seit 2021 finden in der Tschechischen Republik und in der Slowakei eine Reihe von Vorträgen, Tagungen, Gottesdiensten, Konzerten oder gemeinsame Mahlzeiten statt.
Jiří Hofman, Adéla Rozbořilová
von der Redaktion gekürzt
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