An jenem Tag sollte Václav Morávek im Prager Stadtteil Střešovice ein wichtiges Treffen haben, wahrscheinlich mit einem Doppelagenten mit der Bezeichnung A-54.
Zusammen mit seinem Freund, dem Widerstandskämpfer Václav Řehák, machte er sich auf den Weg dorthin. Der Freund ging voraus. Den vereinbarten Treffpunkt erreichte er jedoch nicht mehr. In der Nähe der Straßenbahnhaltestelle Prašný most fiel die Gestapo über Řehák her.
Morávek sah diese ganze dramatische Situation aus der Ferne und wollte seinen Waffenbruder nicht im Stich lassen. Er sprang in die gerade vorbeifahrende Straßenbahn, um seinen Mitstreiter so schnell wie möglich zu erreichen. Es schien, als könnten sie die Angehörigen der deutschen Geheimpolizei zu zweit überwältigen. Doch auf einmal tauchte eine weitere Gestapo-Gruppe aus einem Versteck auf ...
Es gab eine wilde Schießerei. Gegen die offensichtliche Übermacht hatte Morávek keine Chance. Trotzdem gab er nicht auf und kämpfte mit aller Kraft. Doch war es leider sein letzter irdischer Kampf. Berichten zufolge wurde er während des Gefechts insgesamt sechsmal getroffen. Eine der Kugeln traf die Aorta, was tödliche Folgen hatte. Laut den Akten der Gestapo starb Morávek durch seine eigene Hand, aber die neuesten Untersuchungen widerlegen dies. Zweifel lässt zum Beispiel die Tatsache aufkommen, dass sich die tödliche Schusswunde auf der linken Seite des Kopfes befand, während Morávek die Pistole in der rechten Hand hielt. Wer den Schuss abgegeben hat und unter welchen Umständen Morávek genau ums Leben kam, ist unklar.
Seit dem Tod des Stabshauptmanns Václav Morávek sind zwar bereits 82 Jahre vergangen, doch sein Mut, seine Tapferkeit, sein Patriotismus und seine Aufrichtigkeit inspirieren bis heute. Umso mehr, da uns der Krieg wieder ähnlich nahe ist.
Morávek war bekannt für seine Beherztheit, aber auch für seinen tiefen Glauben an Gott. Er machte kein Geheimnis aus seinem evangelischen Bekenntnis und trug immer die Kralitzer Bibel bei sich, in der er angeblich jeden Tag las, wenn es die Umstände erlaubten. Unter den Soldaten erwarb er sich den Spitznamen „frommer Revolverheld“. Er selbst brachte sein Credo auf eigenwillige Weise in dem legendären Zitat „Ich glaube an Gott und meine Pistolen!“ zum Ausdruck.
Gemeinsam gedachten Mitglieder der evangelischen Gemeinden von Dejvice und Střešovice am Sonntag, dem 17. März, dieses Soldaten der tschechoslowakischen Armee und aktiven Widerstandskämpfers (der zusammen mit Josef Balabán und Josef Mašín die Gruppe „Drei Könige“ bildete). Und das gerade dort, wo Morávek seinen irdischen Kampf zu Ende kämpfte – am Denkmal, das heute den Namen des Widerstandskämpfers trägt und in Prag-Střešovice steht.
Der Einladung zum Denkmal folgte der Senator Tomáš Czernin, der in einer kurzen Rede Moráveks Mut hervorhob. „Ich wünschte, wir hätten mehr Leute wie Morávek unter uns“, sagte er.
Die Pfarrerin der Gemeinde von Dejvice, Alexandra Jacobea, erinnerte anschließend in einer Andacht an Moráveks Persönlichkeit: „Mich faszinierten zwei seiner Eigenschaften: sein Mut und seine Neigung zu einem gewissen Schalk, der manchen fast leichtsinnig erscheinen mochte, da Morávek tatsächlich oft an die Grenzen ging – er selbst forderte solche Grenzsituationen noch zusätzlich heraus, obwohl er doch infolge seiner Tätigkeit im Widerstand schon zwangsläufig in welche geriet.“ Gerade diese beiden Eigenschaften machten Václav Morávek, so die Pfarrerin, zu einem Menschen aus Fleisch und Blut, sie vermenschlichten das oft idealisierende Bild eines Kriegshelden. „Er gehört zu den Männern und Frauen, sowohl biblischen als auch rein historischen Persönlichkeiten, die nicht perfekt waren wie aus dem Farbdrucker, aber ehrlich, und die bis zum Äußersten darum kämpften, ein sinnvolles Leben zu führen, und sich bemühten, ihre Zeit nicht im Strudel der Ereignisse unserer Welt zu verschwenden“, sagte sie. Moráveks Leben bleibt ihrer Meinung nach eine wertvolle Inspiration und Herausforderung auch für den Menschen von heute. „Wir können uns ebenfalls die Frage stellen, wie wir in der uns anvertrauten Zeit unsere Stärken sinnvoll mit dem verknüpfen können, was mancher als Schwäche bezeichnen mag. Wie wir authentisch und ehrlich leben und unsere Menschlichkeit in den Dienst Gottes und der Mitmenschen stellen können“, fügte sie hinzu.
Nach dem Gebet und dem Segen sangen die Anwesenden gemeinsam die tschechoslowakische Hymne.
Václav Morávek starb bei dem Versuch, seinen Freund zu retten. Es gelang ihm nicht, Řehák aus den Fängen der Gestapo zu befreien; drei Monate später wurde dieser von den Nazis auf dem Schießplatz Kobylisy hingerichtet. Dennoch war Moráveks Leben nicht vergeudet. Im Gegenteil. Er opferte es für die edle Idee des Kampfes für die Freiheit, des Kampfes gegen das Böse. Bis in die letzten Augenblicke war er ein treuer und entschlossener Diener Gottes. Und durch seine mutige Tat erfüllte er die Worte Christi: „Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.“ (Joh 15,13)
Ehre seinem Andenken.
Adéla Rozbořilová
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