Welche Rolle kommt einem Pfarrer oder Prediger in der heutigen Welt, im ersten Viertel des 21. Jahrhunderts zu?
Wie kann den Herausforderungen unserer Zeit begegnet werden, etwa dem Mitgliederschwund der christlichen Kirchen oder dem wachsenden Einfluss der sozialen Netzwerke? Wie kann man das Evangelium Christi in einer Welt predigen und verkünden, in der das gegenseitige Verständnis schwindet, während die Polarisierung zunimmt, Konflikte sich häufen und die ökonomische Schere zwischen den sozialen Schichten sich weiter öffnet?
So fragten sich auch Gäste aus Deutschland, den Niederlanden oder den USA beim diesjährigen Pfarrkurs in der letzten Januarwoche mit ca. 200 Teilnehmern – Pfarrern und Predigern der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder, Gästen aus der Tschechoslowakischen Hussitischen Kirche, der römisch-katholischen Kirche, aber auch aus Kirchen Deutschlands, der Ukraine, Rumäniens und der Slowakei. Der Kurs wird immer vom Verein der Evangelischen Prediger (SpEK) organisiert.
Beiträge kamen zum Beispiel von Professor Tomáš Petráček von der Universität Hradec Králové (dt. Königgrätz), von Professorin Kerstin Menzel von der Universität Leipzig, vom reformierten Theologen Gerard Minaard oder der Professorin Klara Butting von der Universität Bochum. Große Aufmerksamkeit erlangten auch die praktischen Workshops zum Bibliodrama von Mireia Ryšková, das Meditationsseminar von Pavel Pola oder das Seminar zur psychischen Gesundheit mit der Psychotherapeutin Ráchel Bícová. Großartig, inspirierend und zugleich provokativ war die Aufführung „Eugen – Freund der Frauen“ des Theaters der Unterdrückten.
„Im Jahr 2023 beschäftigten wir uns mit der christlichen Antwort auf die anhaltende ökologische Krise, also auf ein überwiegend globales Thema. Dieses Jahr haben wir uns eher auf den Weg gemacht, tiefer in uns selbst zu schauen, in das Innere unserer Arbeit in der Kirche. Das Interesse an dem Thema war riesig. Es ist sehr wichtig, sich selbst betrachten zu können, gemeinsam, mit einem Blick von oben, mit Abstand,“ sagt Michael Pfann, Pfarrer von Vrchlabí (dt. Hohenelbe) und Vorsitzender des SpEK-Vorstands. Der Kurs begann mit einem Gottesdienst in der Kirche Sankt Martin in der Mauer, wo auch eine Kollekte gesammelt wurde. Die Organisatoren hatten beschlossen, mit dem Erlös, der über 16.000 Tschechische Kronen [ca. 650 Euro] betrug, den Südsudan-Verein und dessen humanitäre Aktivitäten in diesem afrikanischen Land zu unterstützen.
Der Verein der Evangelischen Prediger, der den jährlichen Pfarrkurs organisiert, entstand in der Wendezeit von 1989 und 1990 und knüpfte an die früheren Standesorganisationen evangelischer Geistlicher an – den Verein der evangelischen Geistlichen tschechischer Nationalität (1904), den Verein der Geistlichen der Böhmischen Brüder (1922) und den Verein der evangelischen Geistlichen der Böhmischen Brüder (1951), der 1974 verboten wurde.
Jakub Kašpar
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