Gedenkveranstaltung für die Opfer des Holocaust an den Roma

30. Juni 2023

Eine Gedenkveranstaltung in Lety u Písku erinnerte an den 80. Jahrestag des Transports der dortigen Häftlinge nach Auschwitz. 

Gedenkveranstaltung für die Opfer des Holocaust an den Roma
30. Juni 2023 - Gedenkveranstaltung für die Opfer des Holocaust an den Roma

Im Namen der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder nahm Synodialsenior Pavel Pokorný an der Veranstalltung teil. Am Sonntag, den 14. Mai 2023, versammelten sich Hunderte von Menschen in Lety, darunter führende Vertreter des Staates (Staatspräsident Petr Pavel, Senatspräsident Miloš Vystrčil, die Präsidentin des Abgeordnetenhauses Markéta Adamová Pekarová) und weitere wichtige Gäste, die ebenfalls Blumen am steinernen Denkmal niederlegten.

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Der tschechische Präsident Petr Pavel erinnerte an den Wert des menschlichen Lebens

„Alle Menschenleben haben den gleichen Wert. Hinter jedem von uns steht eine persönliche Geschichte, die Geschichte unserer Familie, unserer Vorfahren, unserer Wurzeln. Der Wert eines Menschenlebens hängt nicht davon ab, welcher Ethnie wir angehören. Wir alle haben das gleiche Recht auf Leben, auf die Chance, Dinge zum Besseren zu verändern und in manchen Fällen ein Beispiel für andere zu sein“, so Pavel. Er war erst der zweite Präsident der Tschechischen Republik, der an der Gedenkfeier teilnahm, zuletzt war Václav Havel im Jahr 1995 zugegen. 
 
Anwesend waren auch Landesrabbiner Karol Sidon sowie Vertreter der tschechischen Kirchen – der Patriarch der tschechoslowakischen Hussitischen Kirche Tomáš Butta und der Synodalsenior der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder Pavel Pokorný, der eine geistliche Ansprache hielt. „Sich an diejenigen zu erinnern, die in der Vergangenheit gedemütigt und gequält wurden, bedeutet auch, sich an diejenigen zu erinnern, die sich heute in einer ähnlichen Situation befinden. Wenn wir in allem Respekt der Roma und Sinti gedenken, die hier einst gelitten haben, verpflichtet uns das, den gleichen Respekt gegenüber Roma, Sinti und allen anderen zu zeigen, die heute hier oder sonst irgendwo auf der Welt einer ähnlichen Diskriminierung oder Gewalt ausgesetzt sind. Wir würden uns unglaubwürdig und lächerlich machen, wenn wir die Werte der Menschenwürde nur in Bezug auf die Vergangenheit hochhielten, sie aber in Bezug auf die Gegenwart missachten würden. Wir könnten so unsere Zukunft verlieren“, hieß es in der Rede. Patriarch Tomáš Butta schloß  an diese Worte mit einem Gebet und einem Segen an.

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In Lety u Písku befand sich zwischen 1939 und 1943 ein sogenanntes Strafarbeitslager, später ein Konzentrationslager, in dem vor allem Roma und Sinti inhaftiert werden sollten. Von dort aus wurden die Gefangenen in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau deportiert. Die massivsten Deportationen fanden vor 80 Jahren, im Frühjahr 1943, statt.  

Historikern zufolge durchliefen zwischen August 1942 und Mai 1943 mehr als 1 300 Männer, Frauen und Kinder der Roma das Lager in Lety. Aufgrund der entsetzlichen hygienischen Bedingungen, Krankheiten und Misshandlungen starben 327 von ihnen, über 500 kamen nach Auschwitz.

Der Holocaust an den Roma gilt als einer der größten Völkermorde der NS-Ideologie. Weniger als 600 Roma-Häftlinge, d.h. weniger als 10 % der ursprünglichen Bevölkerung in Tschechien, kehrten nach dem Krieg aus den Konzentrationslagern zurück. Die Gesamtzahl der Opfer des Holocaust an den Roma wird auf 300.000 bis 500.000 geschätzt.

Viele Jahre lang stand an der Stelle, an der die Opfer des Holocaust an den Roma starben, eine Schweinefarm. Die Entscheidung, das Gebäude zu kaufen und abzureißen, wurde erst im Jahr 2017 getroffen, die Zerstörung des Gebäudes begann erst im August 2022. Am Ort der Schweinefarm soll ein würdiges Denkmal entstehen, das vom Museum für Romakultur verwaltet werden soll.

Adéla Rozbořilová, Photos: Petr Zewlakk Vrabec

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