Zum ersten Mal überhaupt erschien in Tschechien das Neue Testament auf Romani.
Die Feierlichkeiten zur Veröffentlichung fanden in der evangelischen Kirche in Smíchov statt, die seit kurzer Zeit auch als Gemeinschafts- und Kulturzentrum sowie Café dient.
12 Jahre lang arbeitete der Christ und Roma Koloman Staněk an der Übersetzung, herausgegeben wurde sie von der Gemeinde der Siebenten-Tags-Adventisten in Třebechovice pod Orebem.
„Ich möchte mich ganz persönlich dafür bedanken. Die letzte Übersetzung, die in der Slowakei erschien, war für uns nicht verständlich. Diese hier verstehen wir und dafür sind wir sehr dankbar“, so eine der Besucherinnen über das neu erschienene Buch. Sie reiste mit einer ganzen Freundesgruppe aus Pilsen an, um das Buch persönlich zu kaufen und nach Pilsen zu bringen.
Im ersten Teil des Abends fand eine Pressekonferenz mit dem Übersetzerteam bestehend aus dem Projektkoordinator Daniel Hrdinka, dem Übersetzer Koloman Staněk, dem Tsiganologen und Lektor Zbyněk Andrš sowie dem evangelischen Pfarrer für Minderheiten Mikulaš Vymětal statt. Es folgte eine Podiumsdiskussion zur Bedeutung der Bibel in der heutigen Gesellschaft und auch an musikalischem Begleitprogramm fehlte es nicht. Die familiäre und freundschaftliche Atmosphäre setzte sich in einem gemeinsamen Abendessen aus Roma-Spezialitäten fort.
Das Neue Testament wurde in den sogenannten Abov-Dialekt übersetzt, der als Teil des Nördlichen Zentral-Romani in der Gegend um Košice, Slowakei, gesprochen wird. Dem Wissenschaftler Zbyněk Andrš zufolge wird diese Variante von der Mehrheit der Roma in Tschechien und der Slowakei verstanden.
„Roma, ich habe für euch das Buch, das mir am Herzen liegt – die Bibel – in die Romani-Sprache übertragen. Ich danke Gott, dass er mir Kraft und Verstand gegeben hat und ich danke auch allen Menschen, die mir geholfen haben“, schreibt der Übersetzer Koloman Staněk im Vorwort seiner Übersetzung. Staněk erläuterte den Gästen auch sein inneres Ringen mit sich, das der Übersetzung vorausging. „Ich fühlte zwar, dass ich dazu irgendwie berufen war, aber ich wehrte mich dagegen. Ich glaubte nicht an mich, für eine solche Aufgabe war ich einfach nicht gewappnet. Das habe ich auch in meinen Gebeten immer wiederholt. Aber dann hat mir jemand ganz viele leere Hefte geschenkt. Und die Woche darauf habe ich von jemand anderem 100 Bleistifte geschenkt bekommen. Das war für mich ein Zeichen und so habe ich einfach angefangen...“
Die handschriftlichen Übersetzungen wurden dann abgetippt, lektoriert, anschließend gebunden und als Buch herausgegeben. Das alles war nur möglich dank des freiwilligen Engagements vieler Beteiligter aus der Gemeinde der Siebenten-Tags-Adventisten in Třebechovice pod Orebem.
„Der Gedanke das Neue Testament ins Romani zu übersetzen verband von Anfang an Menschen mit unterschiedlichen Geschichten, Kenntnissen und Fähigkeiten. Viele Gläubige brachten sich ein – Roma, bei denen Koloman Staněk die Verständlichkeit der Ausdrücke und Gedankengänge überprüfte, Spezialisten für Romani-Grammatik, Lektorat, Satz und Druck, aber auch großzügige Spender, die sich an den Druckkosten beteiligten. Ich wünsche mir sehr, dass Roma beim Lesen dieses Wortes nicht nur die Wurzeln ihrer Kultur finden, sondern auch eine spirituelle Verbindung zum lieben, himmlischen Vater entdecken“, so der Projektkoordinator Daniel Hrdinka.
Daniela Cincibusová, Mitglied der Kommission für die Roma beim Ökumenischen Rat der Kirchen in der Tschechischen Republik, Lehrerin, Sozialarbeiterin und Laureatin des Preises „Roma Spirit“ sagt über das literarische und übersetzerische Werk: „Das Neue Testament auf Romani könnte einen ähnlichen Einfluss haben wie zu seiner Zeit die Übersetzung der Bibel ins Tschechische. Damals ermöglichte unter anderem die Kralitzer Bibel den Menschen die Erhaltung der tschechischen Muttersprache. Das Romani ist heute vom Aussterben bedroht und die Herausgabe von ‚O Névo Zákonos‘ kann neben der geistlichen Stärkung der Roma-Minderheit auch genau diese wichtige Rolle spielen – die Romani-Sprache wiederzubeleben, damit sie nicht ausstirbt.“
Nicht wegzudenken aus den Vorbereitungen des Abends ist auch der evangelische Pfarrer für Minderheiten Mikuláš Vymětal. „Ich halte die Veröffentlichung des Neuen Testaments in Romani für eines der wichtigsten religiösen Ereignisse des Jahres 2022 in der Tschechischen Republik. Romani-Sprecher werden endlich das gesamte Neue Testament in ihrer Sprache lesen können. Gleichzeitig macht das Ereignis auch Nicht-Roma darauf aufmerksam, dass es in der Tschechischen Republik viele Roma gibt, die sich zum christlichen Glauben bekennen“, betont Mikuláš Vymětal die Relevanz des Werks.
Jiří Hofman
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