#Diakonie Warum in einem Altenheim eine Palliativpflege eingeführt wurde, obwohl es um die Ecke ein Hospiz der Diakonie Valašské Meziříčí (Wallachisch Meseritsch) gibt?
Die Senioren des Altenpflegeheims haben kein Kurzzeitgedächtnis mehr, sie kämpfen mit zahlreichen körperlichen Beeinträchtigungen, aber – wie die Leiterin des Heims, Marie Jurošková, sagt – sie sind immer noch vital. Auch wenn sie im Durchschnitt um die Achtzig sind, müssen sie noch etwas tun. „Unsere Generation wird wahrscheinlich schon anders sein, aber sie wissen nicht wirklich, was Entspannung ist“, erklärt Marie Jurošková.
Der „Entspannungsraum“ im Heim gehört nicht zu den meistbesuchten Orten. Man sagt, manche fürchten ihn sogar. Wie sollte es auch anders sein, wenn sie ihr ganzes Leben lang nur gearbeitet haben – tagsüber in verschiedenen Geschäften und Fabriken, nachmittags in ihren eigenen Häusern und Gärten. Kurz gesagt, wir sind in der Walachei.
Selbst im Seniorenheim leisten die meisten noch ihren Beitrag. Sie kochen und backen, trocknen auch Obst und knacken Nüsse. Und dabei wird erzählt. Die Senioren kehren in ihre Jugend zurück und schwelgen in Erinnerungen. Im Gegensatz zu ihrem Kurzzeitgedächtnis funktioniert ihr Langzeitgedächtnis oft erstaunlich gut.
Vom Frühling bis zum Herbst verbringen sie viel Zeit im Freien. Sie jäten Hochbeete, fegen und singen gerne Volkslieder mit einem Akkordeonspieler. Der 83-jährige Herr Šrámek kommt dreimal wöchentlich mit seinem Akkordeon.
Dass sich die Senioren im Heim der Diakonie Valašské Meziříčí wie zu Hause fühlen, ist nicht nur eine Floskel. Oft erkennen sie ihre Kinder und Enkelkinder nicht mehr, wenn die zu Besuch kommen. Die einzigen Gesichter, an die sie sich gut erinnern, sind die Gesichter der Krankenschwestern und Betreuer, die sie täglich sehen.
Und gerade das Bewusstsein dieser „familiären Verbundenheit“ war es, das Maria Jurošková und ihr Team zu einem mutigen Schritt veranlasste: die Dienste im Heim um die Palliativpflege zu erweitern. Das Heim hat zwar ein Spitzenhospiz in Sichtweite, das ebenfalls Teil der Diakonie ist. Allerdings ist eine längerfristige Veränderung der Umgebung für Menschen mit Demenz oder Alzheimer meist äußerst schwierig, ja nahezu verheerend. Und eine solche Veränderung könnte eine Verlegung in ein Hospiz darstellen. Das allerdings ist eher eine theoretische Überlegung, da die Bewohner des Heims in der Praxis meist im Krankenhaus verstarben.
Das Ende des Lebens wird manchmal mit einer erlöschenden Kerze verglichen. Es wird oft von schwerwiegenden gesundheitlichen Komplikationen begleitet, aber das Heim war als soziale, jedoch nicht medizinische Einrichtung rechtlich nicht befugt, gesundheitliche Komplikationen zu behandeln. „So mussten wir kurz vor dem Erlöschen der Kerze einen Krankenwagen rufen“, beschreibt Marie Jurošková die Situation. „Man kümmert sich fünf, zehn, fünfzehn Jahre lang um jemanden, und wenn das Ende bevorsteht, wird er weggebracht. Man weiß nicht einmal, ob er die Fahrt überleben wird, und wenn doch, stirbt er irgendwo, wo er überhaupt niemanden kennt“, fügt sie hinzu.
Einer der Bewohner des Heims war relativ jung, 73 Jahre alt. Er rauchte leidenschaftlich, und wie es bei Rauchern oft so ist, brach die Blutversorgung seiner unteren Gliedmaßen zusammen, ein Bein starb ab. Es war nicht zu retten, in Frage kam nur eine Amputation. Wäre sie erfolgreich gewesen und der Patient hätte überlebt – was angesichts seines Zustands keineswegs sicher war – wäre er für lange Zeit ans Bett gefesselt gewesen.
Vor der Einführung der Palliativpflege wäre in dem Heim in Valašské Meziříčí kein anderes Verfahren möglich gewesen. Jetzt aber hatte der dreiundsiebzigjährige Bewohner die Wahl. Eine Ärztin mit einer Zusatzqualifikation in Palliativmedizin, mit der das Heim neuerdings zusammenarbeitet, erklärte dem Mann, was ihn erwartete, wenn er der Amputation zustimmte oder sie ablehnte. Der Mann lehnte sie jedoch entschieden ab. Das bedeutete, dass die Bemühungen, sein Leben zu retten, endeten. Stattdessen wurde nun dafür gesorgt, dass der Mann das Ende seines Lebens so gut wie möglich verlebte, umgeben von „den Seinen“. Die Angehörigen wurden über das Vorgehen informiert und waren damit einverstanden.
Er erhielt Schmerzmittel, und das Pflegepersonal verband regelmäßig sein betroffenes Bein. Wann immer es möglich war, verbrachte er Zeit im Rollstuhl im Garten, und die Pflegerinnen kümmerten sich darum, dass es ihm so gut wie möglich ging. Die größte Freude hatte er an einem gezapften Bier aus einer nahe gelegenen Kneipe. Er hatte nicht zu hoffen gewagt, jemals noch eines zu trinken. Und dann wachte er eines Morgens nicht mehr auf. „Er starb an einer Sepsis“, erinnert sich Marie Jurošková. „Aber er hat nicht gelitten, er war fröhlich, glücklich. Er war hier bei uns. Wäre ihm das Bein amputiert worden, wäre er liegen geblieben, er hätte sich wundgelegen, das kann man nie zu hundert Prozent verhindern, schon gar nicht bei so einem Gesundheitszustand. Was ist also besser?“
Bei der gemeinsamen Entscheidung, wie mit Krankheiten der Bewohner umgegangen werden soll, muss neben dem Willen des Bewohners selbst und seiner Familie auch die zukünftige Lebensqualität berücksichtigt werden.
Palliativpflege im Heim bedeutet nicht, das Krankenhaus um jeden Preis zu meiden. Es bedeutet die Ausweitung der Dienste für jene Fälle, in denen die Rettung eines Lebens perspektivisch ihren Sinn verliert und es im Gegenteil sinnvoll ist, einen würdevollen Abschied unter Einbeziehung der Angehörigen vorzubereiten. Die Patienten können zu jeder Tages- und Nachtzeit mit ihren Lieben zusammen sein, besonders in den letzten Augenblicken. Das Heim hat seine Räumlichkeiten dementsprechend angepasst.
Im Frühjahr und im Herbst veranstaltet das Heim Gedenkfeiern für die Hinterbliebenen mit Fotos der Verstorbenen. „Ich weiß, dass es seltsam klingt, aber ich sage es trotzdem: Sterben ist bei uns jetzt wirklich schön“, sagt Marie Jurošková zum Schluss.
Von den 42 Bewohnern des Heims befanden sich zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels sechs in Palliativpflege. Zwei von ihnen mussten liegen, sie starben auf natürliche Weise. Vier waren noch aktiv. Sie erhielten Analgetika, um Schmerzen zu lindern, die durch ihre fortschreitende, unbehandelte Krankheit verursacht wurden.
Die Mitarbeiter des Heims, insbesondere die Pflegekräfte, mussten viel Neues lernen: Sauerstoffgeneratoren, Sauerstoffbrillen, Medikamentenspender, S.O.S.-Medikamente, Herzfrequenzmessung und Messung der Sauerstoffversorgung des Organismus – dies ist nur ein Auszug dessen, was sie bei der Einführung der Palliativpflege lernen mussten. Außerdem war es notwendig, eine Ärztin einzustellen, die einen Pflegeplan für Palliativpatienten erstellt. Das gesamte Team des Heims musste lernen, mit dem palliativen Ansatz zu arbeiten, sich damit zu identifizieren und das höhere Maß an Verantwortung zu übernehmen, das eine Palliativversorgung mit sich bringt.
Die Diakonie kürt jedes Jahr die beste Innovation auf dem Gebiet der Pflege. Aus insgesamt 18 Vorschlägen wurde gerade die Palliativpflege im Altenheim der Diakonie Valašské Meziříčí als Gewinner ausgewählt.
Adam Šůra
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