#Diakonie Daniel Heller (1976) hat evangelische Theologie studiert. Bevor er nach Valašské Meziříčí kam, wirkte er als Geistlicher in Pržno sowie in der Ukraine in den Gemeinden Bohemka und Veselynivka, in der auch Tschechen leben. Lange Zeit leitete er auch das Ferienlager in Běleč nad Orlicí für Kinder mit Behinderungen, deren Eltern und Freiwillige. Seit 12 Jahren ist er Kaplan in der Diakonie Valašské Meziříčí.
In der Diakonie an sich arbeiten Sie schon lange. Wie kam es dazu, dass Sie Kaplan geworden sind?
Mit der Arbeit in der Diakonie wurde ich betraut als ich von der lokalen evangelischen Gemeinde zum Pfarrer bestimmt wurde. Es ging da um Kontinuität. Auch mein Vorgänger hatte sich schon in der Diakonie engagiert, gemeinsam mit seiner Frau hat der das Zentrum in Valašské Meziříčí gegründet.
Und wie genau haben Sie angefangen?
Mit monatlichen Seniorentreffen, gelegentlichen Gesprächen mit Mitarbeitern und einem geistlichen Beitrag auf den Besprechungen, die auch monatlich stattfanden. Das gehört aber alles lange der Vergangenheit an, viel hat sich inzwischen verändert und es sind neue Dienste dazu gekommen. Nach der Zusammenführung mit dem Hospiz wurde aus dem Zentrum ein Riesending, wir sind vier Kaplane. Ich wechsle mich mit meiner Kollegin Lenka Freitingerová in der Tageseinrichtung für Senioren und in den Dienstleistungen für Menschen mit geistigen Behinderungen ab.
Was kann die Seelsorge Menschen mit einem mentalen Handicap anbieten?
Auch Menschen mit geistigem Handicap haben spirituelle Bedürfnisse. Das sage ich auf Grundlage langjähriger Erfahrung. Meine Aufgabe ist es, in angemessener Weise auf diese Bedürfnisse einzugehen.
Wie läuft das ab?
Bei Menschen mit leichter Behinderung ist das manchmal sehr direkt. Zum Beispiel entsteht die Frage, ob es eine Hölle gibt oder nicht und wer dort hineinkommt. Oder jemand fragt, ob Gott ihn gern hat und ob er auch andere Menschen gern hat, die sich vielleicht unangemessen verhalten. Wir würden das so nicht fragen, das würde uns unpassend vorkommen. Dabei bewegen auch uns solche Fragen. Menschen mit geistiger Behinderung scheuen sich nicht Dinge auszusprechen, sofern ihr Handicap es ihnen ermöglicht und sie fragen mich, was ich darüber denke.
Und diejenigen, die sich nicht ausdrücken können?
Viele mögen Erzählungen und Geschichten, manchmal auch als Video. Oft sind auch Rituale gefragt, die mit einem Lied verbunden sind, manchmal auch mit einem Gebet, da sie vielleicht früher in einer kirchlichen Einrichtung waren, in der sich Ordensschwestern um sie gekümmert haben und sie sind mit ihnen in die Kirche gegangen. Manchmal liegt es aber auch an uns herauszufinden, was gerade gut für sie ist und was sie sich wünschen. Einige fangen direkt an zu lächeln und zu nicken, wenn sie in die Kirche kommen. Es ist offensichtlich, dass es ihnen dort gut geht. Wir wissen nicht genau warum und sie werden es uns wahrscheinlich auch nie erklären können, aber wir sehen, dass sie offensichtlich in irgendeiner Form in der spirituellen Welt leben.
Und wie sieht die Arbeit mit den Senioren aus?
In den Senioreneinrichtungen versuche ich Aktivitäten anzubieten, die zwischen Kultur und Religion liegen. Oft kehren wir auch in die Vergangenheit zurück, denn für die Senioren ist Reminiszenztherapie wichtig, Erinnerungen, die an ihre eigenen Erlebnisse anknüpfen. Wir sprechen darüber, was an ihren Geburtsorten Tradition war, in ihren Generationen und in ihrer Jugend und später. Oft mündet das dann in ein Gespräch über Solidarität, Ehe und Familie, Freundschaft usw. In die Einrichtung kommen auch Senioren, die noch bei ihren Familien leben. Oft besprechen wir daher das Thema der Beziehungen zwischen den Generationen. Oder wir reden auch darüber, was gerade in der Welt passiert. Sie teilen ihre Ansichten, ich die meinigen.
Zum Beispiel?
Zum Beispiel als ganz Tschechien Angst vor Flüchtlingen aus islamischen Ländern hatte. Ich hüte mich sehr parteipolitische Themen durchzukauen, aber hier habe ich Ansichten aus Deutschland mit ihnen geteilt. Wie unterhalten freundschaftlichen Beziehungen zu einigen lutherischen Gemeinden in Bayern. Die haben uns erzählt wie sie es schaffen eine große Anzahl von Flüchtlingen zu integrieren. Diese Erfahrung konnte ich weitergeben und so übertriebene Ängste zerstreuen. Aber stellen Sie sich jetzt keine intellektuelle Debatte vor, meistens fangen wir mit einem Lied an oder betrachten gemeinsam ein Bild und daraus entsteht dann ein Gespräch.
Lesen Sie mit den Senioren auch die Bibel?
Zu christlichen Feiertagen. Anschließend sprechen wir über die Bibelstelle. Aber ich denke, dass es nicht das Ziel ist den Kirchenbesuch zu ersetzen.
Ist die Arbeit des Kaplans eine ökumenische Arbeit?
Ja, der Kaplan arbeitet mit Menschen unterschiedlicher Glaubensrichtungen, auch solchen, die sich zu keiner Kirche bekennen. Es ist nicht seine Aufgabe irgendjemanden von etwas zu überzeugen. Er muss die Spiritualität der Menschen, mit denen er arbeitet akzeptieren, an sie anknüpfen und sie idealerweise verstehen. Deshalb sollte er auch theologisches Grundwissen mitbringen, auch wenn er kein Pfarrer ist.
Und wie sollte seine Position in der Diakonie aussehen? Vor einiger Zeit waren Sie mal Mitglied im Aufsichtsrat der Diakonie Valašské Meziříčí, heute finden Sie das nicht mehr so gut?
Die Rolle des Kaplans, wie ich sie auf Grundlage meiner Erfahrungen verstehe, sehe ich mehr im Gespräch, im Zuhören, in der geistlichen Begleitung. Wenn Sie allerdings gleichzeitig eine einflussreiche Funktion in der Diakonie innehaben, erwarten die Menschen, insbesondere die Angestellten, von Ihnen, dass sie deren Interessen vertreten und das ist nicht gut. Ich bin mir auch nicht sicher, wie deutliches Feedback der Kaplan der Leitung geben sollte. Der letzten Direktorin des Zentrums war das sehr wichtig und ich denke, das war auch nützlich. Aber der Kaplan sollte kein Mediator sein, kein Experte für Krisenkommunikation. Ich kann eine starke Meinung darüber haben, was im Zentrum passiert und ob eine Entscheidung gut oder schlecht war, aber ich sollte das für mich behalten. Wenn ich mich nämlich in solche betrieblichen Fragen einmischen oder gar in einem Konflikt Partei ergreifen würde, könnte ich keine offenen Gespräche mehr führen.
Wie sehen Sie Ihre Zukunft als Kaplan?
Gemeinsam mit anderen Kollegen absolviere ich derzeit einen Kurs, wie die zukünftigen Bedingungen der Arbeit des Kaplans in der Diakonie aussehen sollten. Wir hatten zum Beispiel eine ausführliche Vorlesung über die Funktionsweise von sozialen Dienstleistungen mit vielen Informationen und gut aufbereitet. Die Mehrheit der Teilnehmer verfügt allerdings schon über langjährige Erfahrung in der Tätigkeit als Kaplan. Ich persönlich würde in der Tätigkeit als Kaplan bei der Diakonie auf jeden Fall weitermachen.
Adam Šůra
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