Liebe Leserinnen und Leser,
soll sich die Kirche ums politische Geschehen kümmern? Ja, natürlich. Gegenüber dem Unrecht in der Welt können wir nicht gleichgültig sein und es kann uns auch nicht egal sein, wer in unserem Land regiert, ob die Regierung moralisch handelt und ob sie das Wohl ihrer Bürger oder nur ihr eigenes im Blick hat. Politik ist nicht schmutzig, wie es heißt und schon das ist gefährlich; Politik ist die Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten, die man nicht ganz aus der Hand geben darf – gerade weil wir Christen sind.
Daran erinnert der Ruf der Synode der EKBB zu den kommenden Wahlen in der Tschechischen Republik (Parlaments- und Präsidentschaftswahlen), den Sie in diesem Bulletin finden. Es ist eine Erklärung auf allgemeiner Ebene, die zugleich deutlich macht, dass den Synodalen, die wir gewählt haben und die daher für uns sprechen, nicht egal ist, wer sich wie um unser Land kümmert und eben auch, wen wir an die Spitze unseres Landes wählen.
Ich weise auch mit Freude auf ein Interview mit einem Mitarbeiter der EKBB-Zentrale hin, den viele von Ihnen persönlich kennen und der im März nach vielen Jahren offiziell seinen Dienst beendet hat, sich aber keinesfalls zur Ruhe gesetzt hat.
Von den weiteren Texten, die sicherlich interessant sind, erwähne ich nur einen Artikel aus der Rubrik Diakonie. Es lohnt sich die ungewöhnliche Geschichte von den Statuen der Diakonie Litoměřice/Leitmeritz zu lesen – sie ist lustig und hat ein gutes Ende.
Unsere nächste Ausgabe des Bulletins kommt erst in der Adventszeit. Bis dahin wünschen wir Ihnen eine gute und sinnvoll verbrachte Zeit, Hoffnung und Frieden in allem was Sie tun und was Sie erwartet.
Für den Redaktionsrat
Jana Plíšková
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Internet: www.e-cirkev.cz
Die Grundlagen der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder (EKBB) wurzeln in der Utraquistischen Kirche (1431-1620) und in der Brüderunität ((1457-1620). Die EKBB entstand in ihrer heutigen Gestalt im Jahr 1918 durch den Zusammenschluss der bis dahin selbständigen evangelischen Kirchen Augsburger und Helvetischen Bekenntnisses. Deren Existenz wurde nach dem Ende der harten Gegenreformation, die von 1620 bis zum Erlass des Toleranzpatens durch Kaiser Joself II. im Jahr 1781 dauerte, erlaubt. Die strengen Beschränkungen mussten die Evangelischen freilich auch danach beachten, bis zum Erlass des Protestantenpatentes im Jahr 1861.
In der Zeit ihrer Entstehung hatte die EKBB 250 000 Mitglieder, im Jahre 1938 waren es dann schon 325 000 Mitglieder. Heute ist die Kirche in 14 Seniorate aufgeteilt mit einer Gesamtzahl von 250 Gemeinden und ca. 80 000 Gemeindegliedern. Die Kirche wird vom sechsköpfigen Synodalrat geleitet, der auf sechs Jahre gewählt wird. Repräsentiert wird die Kirche vom Synodalsenior und vom Synodalkurator.
Aus den ursprünglich gedachten zwei Jahren in Prag wurden ein paar mehr...
Gerhard Frey-Reininghaus (*1951) wuchs in seiner Familie mit drei Geschwistern in Württemberg auf. Nach dem Abitur verbrachte er ein Jahr in Amerika, er studierte Theologie und elf Jahre war er Pfarrer in Köngen bei Stuttgart. Im Jahre 1990 kam er nach Prag. Zuerst für ein zweijähriges Stipendium an der Evangelischen Theologischen Fakultät. Später aber bekam er das Angebot, im Kirchenamt der EKBB zu arbeiten. Aus der Funktion des Leiters des Ökumene-Referats und als Chef der Abteilung für Außenbeziehungen ist er im April 2017 nach mehr als 20 Jahren in den Ruhestand verabschiedet worden.
Wie war deine Kindheit, und wo hast du sie verbracht?
Meine Vorschulzeit verbrachte ich in dem Dorf Neckarmühlbach, im Süden Deutschlands, in einem Gebiet das traditionell sehr fromm ist. Meine Eltern arbeiteten in einer landwirtschaftlichen Firma, die sich auf die Produktion von Samen spezialisiert hatte, die ganze Familie half in der Bewirtschaftung des Hofs. Meine Mutter war eine Kriegerwitwe, ihr erster Mann fiel im Krieg. Darum habe ich einen älteren Halbbruder. Aus der zweiten Ehe entstammen meine zwei Schwestern und ich. Im Jahr 1958 sind wir nach Weissbach umgezogen, alle haben wir dort auf dem Bauernhof mitgeholfen.
Wie verlief dein Bildungsweg?
Als ich fünfzehn war, wechselte ich aufs Seminar, auf die Klosterschule Maulbronn und nach zwei Jahren auf die Partnerschule in Blaubeuren. In Württemberg kann man ein Stipendium für diese Internate bekommen. Der Unterricht in diesen Internatsschulen existiert seit der Zeit der Reformation, schon etwa 500 Jahre. So konnten auch Kinder eine gute Ausbildung erhalten, deren Eltern nicht genug Geld hatten. Heute ist das System etwas anders, aber es gibt eben immer noch dieses Stipendium, das den Zugang zu einer sehr qualitätsvollen Ausbildung ermöglicht. Und für mich war es auch eine Flucht von der nicht-enden-wollenden Arbeit auf dem Hof. Nach dem Abitur war ich ein Jahr in Amerika, das hat mich sehr geprägt und wohl auch verändert. Es lief über einen studentischen Austausch, das heißt, ich lebte in einer methodistischen Pfarrersfamilie, ich unterrichtete Deutsch und die deutsche Kultur, und arbeitete zusätzlich in der Sozialarbeit. Danach habe ich erstmal Theologie studiert.
Was hat dich dazu gebracht, Pfarrer werden zu wollen
Meine Mutter beteuert, dass ich, als ich vier Jahre alt war, gesagt hätte, dass ich Pfarrer werden und von der Kanzel predigen wollte. Und ich hatte wirklich niemals einen anderen Plan als Pfarrer zu werden. Als ich klein war, bekam ich von meinen Eltern eine Kinderbibel mit vielen Bildern, die man ausmalen konnte. Das hat mir damals viel Spaß gemacht.
Meine Eltern haben mich immer unterstützt und ich habe ohne große Widerstände auf diese Berufung als Pfarrer zugesteuert. Theologie habe ich dann in Tübingen und Mainz studiert. Ich beschäftigte mich auch mit der Gefängnisseelsorge und der diakonischen Arbeit mit aus dem Strafvollzug Entlassenen. Aber die Arbeit als Pfarrer blieb immer meine erste Priorität.
Wie bist du nach Tschechien gekommen?
Nach der Ausbildung war ich elf Jahre als Pfarrer in der Gemeinde in Köngen, einem größeren Dorf unweit von Stuttgart, tätig. Meine Frau, ebenfalls Theologin, arbeitete dort in der Jugendarbeit. Sie organisierte beispielsweise Treffen mit jungen Leuten über den eisernen Vorhang hinweg, mit der Tschechoslowakei, Polen, und Ungarn. Und damals haben wir uns gesagt, dass es Zeit für eine Veränderung ist, und dass wir gern eine Zeit lang im Ausland leben würden. Wir haben verschiedene Möglichkeiten erwogen und schließlich bekamen wir ein Stipendium vom Ökumenischen Rat der Kirchen für Prag, wo sich durch „Glasnost“ und „Perestroika“ die Verhältnisse zu lockern begannen. Solche Studienaufenthalte waren üblicherweise auf ein Jahr ausgelegt. Aber uns schickten sie gleich für zwei Jahre, weil das Tschechische so schwer ist, damit sich der Spracherwerb auch lohnte. Unsere Entscheidung, dass wir in einem Jahr nach Prag gehen würden, fiel im September 1989. Wir meldeten uns beim Synodalrat der Evang. Kirche der Böhmischen Brüder (EKBB), damals war Josef Hromádka Synodalsenior, und bei Jaroslav Ondra von der Evangelisch Theologischen Fakultät. Es sollte um ein Postgraduierten-Studium gehen, nicht so sehr akademisch, eher an die kirchliche Praxis geknüpft.
Was hast du zu Beginn gemacht?
Ich wollte die Bücher von J. L. Hromádka studieren, er faszinierte mich als ein Mensch der Ökumene. Und meine Frau hat sich schon in Deutschland in dem Projekt des Weltgebetstags (WGT) engagiert, also konnte sie hier weitermachen und widmete sich der Frauenarbeit. Die Liturgie des WGTs bereitete im Jahr 1990 gerade die Tschechoslowakei vor. Und dann kamen im Herbst 1989 in Europa Ereignisse dazwischen, und wir kamen im Herbst 1990 in ein völlig anderes Prag.
Und wie war das mit den Sprachen?
Wir wollten uns selbstverständlich das Tschechische aneignen, gleichzeitig entstand nach der Wende auf einmal in allen Schulen ein großer Bedarf daran, Fremdsprachen zu unterrichten, hauptsächlich Deutsch und Englisch. Also haben wir das Angebot bekommen, an der Theologischen Fakultät Deutsch zu unterrichten. Die Studierenden konnten in der Mehrheit etwas Deutsch, und gleichzeitig haben wir Tschechisch gelernt. Das ging recht schnell. Wir besuchten einen Grammatikkurs an der Philosophischen Fakultät und einen Konversationskurs an der Theologischen Fakultät, damals waren wir rund zehn Ausländer, die das Tschechische intensiv lernten. Später haben wir auch Privatlehrer gehabt, auf einer reziproken freundschaftlichen Basis. Mit unseren tschechischen Freunden kochten wir zum Beispiel gemeinsam, sie sprachen Tschechisch mit uns, und wir mit ihnen Deutsch, und so haben wir uns gegenseitig ergänzt. Mit einer älteren Dame haben wir Prager Sehenswürdigkeiten besucht, und auch wenn sie gern auf Deutsch sprach, haben wir sie gebeten, mit uns nur Tschechisch zu sprechen.
Und aus den geplanten zwei Jahren in Prag wurden schließlich ein paar mehr, oder?
An der Fakultät bot uns Professor Filipi eine Stelle als wissenschaftliche Assistenten am Lehrstuhl für Praktische Theologie an, das war die erste Verlängerung für ein Jahr. Ja, und dann habe ich ein Angebot vom damaligen Dekan Jakub Trojan bekommen, dass ich sein Assistent würde, und das waren weitere drei Jahre. Damals entstand ein Konzept für die neue Fakultät, sich wieder der Karlsuniversität anzugliedern, es wurde ein neues Gebäude dafür gesucht, außerdem brauchten wir Unterstützer und Spenden. Und schließlich haben wir ein Gebäude gekauft und renoviert. Meine Arbeit im Zusammenhang mit dem neuen Fakultätsgebäude waren die internationalen Beziehungen. Und weil die Gelder, die wir von ausländischen Kirchen bekommen hatten, nicht in ein staatliches Universitätsgebäude fließen konnten, gingen sie an die EKBB. Das bedeutete für mich, dass ich in dieser Zeit für die Planungen mit dem Kirchenamt schon in engem Kontakt stand.
Und wie bist du danach im Kirchenamt gelandet?
Das Fakultätsgebäude, einschließlich der Renovierung und Ausstattung, kostete etwa 130 Millionen Kronen. Ein überwältigendes Stück Arbeit. Als alles realisiert war, blieben einige Schulden. Und so hat mich der damalige Synodalsenior Pavel Smetana gebeten, dass ich mich weiter darum kümmere, weil ich davon Ahnung hatte, alles was mit der Finanzierung der Fakultät zusammenhing, wusste ich, und ich hatte die benötigten Kontakte ins Ausland. Ich war außerdem weiterhin Pfarrer der Württembergischen Kirche. Dank des Engagements auf dem Gebiet der deutsch-tschechischen Beziehungen hat mich die württembergische Landeskirche auf meinen Wunsch hin für vier weitere Jahre befreit, weil sie den Aufbau von neuen Beziehungen auf diesem Gebiet als sinnvoll und nützlich ansah. Und so habe ich am 1. September 1996 meine Stelle im Kirchenamt für das Ökumene-Referat angetreten. Vergangenen Herbst war das zwanzig Jahre her.
Ökumene bedeutet zum einen Kontakte mit Kirchen anderer Konfessionen, zum anderen mit Protestanten auf der ganzen Welt. Mit wie vielen Kirchen arbeitet die EKBB eigentlich zusammen oder wie viele Partnerschaften gibt es?
Es sind etwa vierzig Kirchen oder kirchliche Organisationen. Sehr reiche Nachbarschaftsbeziehungen pflegen wir zur evangelisch-luth. bayrischen Landeskirche und mit der sächsisch-lutherischen Landeskirche. Wir machen Etliches zusammen, sehen uns häufig und besuchen uns gegenseitig. Eine große Rolle spielen selbstverständlich persönliche Kontakte auf vielen Ebenen – auf der Ebene von Einzelpersonen, von Gemeinden, Interessengruppen und auf der gesamtkirchlichen Ebene.
Welche Kirchen sind der EKBB am nächsten, mit welchen ist die Zusammenarbeit am herausforderndsten?
Am nächsten sind uns die unierten Kirchen in Deutschland, dazu zählen Baden, Hessen, Pfalz, Rheinland. Wie unsere Kirche integrieren sie sowohl lutherische als auch reformierte Traditionen, wir kooperieren mit ihnen seit 50 Jahren. Nah sind uns selbstverständlich auch unsere Brüder und Schwestern in der Slowakei, gute Kontakte haben wir sowohl mit der luth. Kirche wie auch mit den Reformierten. Mit den Evangelischen in Polen sind in den vergangenen Jahren die Kontakte dank der Christlichen Begegnungstage enger geworden.
Mit den Reformierten Ungarn haben wir ebenfalls gute Kontakte, schon seit der Zeit des Toleranz-Patents, als sie uns mit Predigern ausgeholfen haben. Viele ungarische Studierende aus der reformierten slowakischen Kirche haben in den 70ern und 80ern an unserer ETF in Prag studiert und die Freundschaft besteht seit der Zeit. Wir pflegen Beziehungen auch zu den österreichischen Kirchen. Also kann man sagen, dass wir mit allen evangelischen Kirchen der Nachbarländer Kontakte pflegen. Ja, und dann müssen wir auch noch die engen Kontakte zu den Waldensern in Italien dazu zählen, mit der reformierten Kirche in Frankreich, mit der vereinigten Kirche in Großbritannien und der Schottischen Kirche.
Das bewegt sich alles in Europa. Was ist mit Kontakten nach Übersee?
Dazu muss ich erwähnen, dass die EKBB seit dem Jahr 2004 Mitglied im Lutherischen Weltbund ist, was eine Erweiterung der Kontakte um die lutherische Kirche in Skandinavien und den baltischen Staaten brachte. Und wir dürfen nicht die Kirchen der Auslandstschechen in Osteuropa vergessen: in Serbien, Kroatien, Rumänien, Polen und der Ukraine, aber das ist ein anderes Kapitel. Wenn es um Übersee-Kontakte geht: in den USA haben wir Partnergemeinden, die ursprünglich auch aus Auslandstschechen bestanden, heute sind es eher Amerikaner mit einer Affinität zu Tschechien. Sie gehören größtenteils zur Presbyterian Church in den USA. Wir arbeiten aber auch mit den amerikanischen Lutheranern zusammen, die letzten Jahre luden sie beispielsweise unsere Studenten zu sich als Teamer mit auf Workcamps ein. Nach der Wende begannen sich auch Beziehungen zur Presbyterian Church in Südkorea zu entwickeln. Es begann mit einem koreanischen Studenten und heute haben wir in Kobylisi (Stadtteil von Prag) eine große Gruppe von koreanischen Studierenden. Vor einigen Jahren haben wir Kontakte geknüpft auch mit der zweiten Presbyterian Church in Korea und schließlich auch mit Taiwan. Das sind unsere aktiven Kontakte. Beziehungen auf persönlicherer Ebene haben wir mit Mexiko, Kuba, Kenia und auch mit weiteren. Mich stört es etwas, dass wir die Kirchen aus der sog. „dritten Welt“ etwas vergessen und uns mehr am Westen orientieren.
Ein international orientiertes Hilfswerk haben wir nicht?
Etwas in der Art ist unsere Unterstützung der tschechisch-stämmigen Gemeinden in Osteuropa. Die EKD wirkt in Entwicklungsländern, unsere Kirche kümmert sich um die ursprünglichen Migranten aus Tschechien, zerstreut im Osten von uns. Wir sind eine kleine Kirche, wir machen das, was in unserer Kraft steht.
Was ist bei der Arbeit im Ökumene-Referat am interessantesten und was freut dich am meisten?
Am interessantesten sind für mich die Treffen mit Menschen aus anderen Kirchen. Mit ihnen zu sprechen, gemeinsam mit ihnen Gottesdienst zu feiern. Jedes Land ist anders, kulturell gesehen, und trotzdem haben wir viel Gemeinames. Und was das Schönste ist? Wenn aus den kirchlich partnerschaftlichen Beziehungen etwas Konkretes und Tieferes erwächst, z.B. wenn unsere Pfarrer für ein Jahr oder zwei in einer Gemeinde in Schottland arbeiten.
Nach deinem Weggang in den Ruhestand überlässt du deine Arbeit als Leiters des Ökumene-Referats deinem Nachfolger. Wirst du der EKBB trotzdem auf eine Weise erhalten bleiben?
Dieses Jahr im März hatte ich mein 40-jähriges Dienstjubiläum. Ich habe mehr Dienstjahre in Tschechien als in Deutschland gearbeitet. Und wie es in unserem Gespräch sichtbar ist, die Ökumene wurde mein Leben. Ich werde weiterhin beim Ökumene-Referat extern in einem kleinen Umfang aushelfen. Ich möchte manche Sachen, verbunden mit dem Jubiläum, das wir in den letzten Jahren feierten, zu Ende bringe. Ich bin noch der Vorsitzende der Kommission, die zu den Jubiläen ins Leben gerufen wurde. Eine internationale Konferenz erwartet uns noch zum 500. Jubiläum der Reformation, im Senat und die gesamtkirchliche Feier dieses Jubiläums im September in Ratibor.
Ich freue mich auch, dass ich mehr Zeit zum Lesen haben werde. Das fehlt mir gerade sehr. Und die Kollegen haben schon in Aussicht gestellt, dass sich mich dann und wann einladen werden, damit ich sie im Predigtdienst vertrete, wenn sie andere Verpflichtungen haben. Darauf freue ich mich, wenn ich gesund und bei Kräften sein werde. Ich bleibe ich Prag und denke, dass ich mich in meinem Ruhestand nicht langweilen werde.
Wir wünschen Dir Ruhe, Erholung und Lust an der weiteren Zusammenarbeit. Was wünschst du den Leserinnen und Lesern unserer Zeitschrift?
Ich würde gern vielen Menschen in der EKBB und in der Ökumene danken für die wunderbare Aufnahme und die Freundschaft, für all das bin ich sehr dankbar. Ich wünsche den Leserinnen und Lesern, dass sie Grund zur Freude haben. Und so ein Grund ist unser Glaube. Die Ökumene erweitert die Horizonte und gibt das Gefühl, dass wir Teile sind des einen Körpers Christi auf der gesamten Erde. Und wenn wir das erleben, müssen wir nicht nur warten, dass etwas zu uns kommt, sondern auch den Mut haben, uns auf die Suche zu begeben und loszugehen. Ich wünsche allen, dass sie fühlen, dass der Glaube eine Kraft ist, die viel mehr beflügelt als beschwert.
Das Interview führte Daniela Ženatá.
Die EKBB hält seit langem Kontakt mit den Gemeinden der Auslandstschechen, die, trotz der Entfernung den evangelischen Glauben bewahren und teilweise auch die tschechische Sprache.
Es würde den Rahmen hier sprengen alle zu nennen, die einmal eine Gemeinde leiteten. Einige will ich aber doch erwähnen: Mit Dankbarkeit denke ich an das bereits verstorbene Ehepaar Hajek aus Serbien und den verstorbenen Bruder Josef Janček aus Bohemka in der Ukraine, der am Ende seines Lebens die Gemeindefürsorge an Schwester Ludmilla Sverdlová übergab. Marie Provazniková aus dem ukrainischen Veselynivka, Zdenka Pagačova aus der Gemeinde im kroatischen Bjeliševac, Karel Pospišil und Vera Pospišil im polnischen Zelów - sie alle sind oder waren Säulen der dortigen Gemeinden.
Heute jedoch gebührt unsere Aufmerksamkeit Bruder Jaroslav Kalousek, dem Kurator und Laienprediger der Gemeinde Peregu Mare in Rumänien, dem am 9.12.2016 der Bischof der rumänisch-reformierten Kirche Istvan Csuri die Auszeichnung "Pro ecclesia" verlieh.
Und so erlaube ich mir den Leserinnen und Lesern den Text der Laudatio weiterzugeben, der bei dieser Veranstaltung gehalten wurde, und der Bruder Kalousek dankt und Kraft für Körper und Geist für die kommende Zeit wünscht.
Laudatio bei der Preisverleihung „Pro Ecclesia“ an Bruder Jaroslav Kalousek:
Jaroslav Kalousek wurde am 27. Januar 1947 in der Gemeinde Peregu Mare (heute Rumänien) geboren, damals wohnten dort Tschechen, Slowaken, Deutsche und Ungarn zusammen. Die Beziehung zu seinen Mitmenschen, zur Religion und zum Glauben an Gott hat er von seinem Vater, der ein bedeutender Pfeiler der tschechischen reformierten Gemeinde dort war. Er war dort über 30 Jahre Presbyter. Jaroslav war zarte 25 Jahre alt, als er diese Aufgabe von seinem Vater übernahm und nach neun Jahren als Presbyter, wurde er 1981 zum Kurator.
Josef Kovacz, Pfarrer im benachbarten Kisperegu, der auch nach Peregu Mare fuhr, notierte, dass Jaroslav der jüngste Kurator im damaligen banatischen Seniorat war, zu dem die Gemeinde Peregu Mare gehörte.
Die erste herausfordernde Aufgabe, die ihn erwartete war, das Verputzen des Kirchgebäudes, das im Jahr 1960 eingeweiht worden war, und bis zu dieser Zeit keinen Putz erhalten hatte.
Die Arbeit wurde aus eigenen Kräften gestemmt, finanziell unterstützte die EKBB das Projekt. Nach dem Verputzen folgte die Renovierung der Dächer, sie wurden repariert und angestrichen.
Als im Rahmen der Restitution der Gemeinde eine alte Schule zurückgegeben wurde, (das erste Gebäude, das nach der Ankunft in Peregu Mare die Tschechen damals gebaut hatten), gelang es, unter der Federführung des Kurators es in Stand zu setzen und das Grundstück in Ordnung zu bringen. Jaroslavs Idee war es auch, in einem Gemeinderaum ein kleines Museum einzurichten mit Haushalts- oder Wirtschaftsgegenständen aus verschiedenen Zeiten. In den Exponaten des kleinen Museums spiegelt sich nahezu der ganze Alltag eines bäuerlichen Lebens.
Ab dem Jahre 1990 wirkte Kalousek nicht nur als Kurator, er hielt auch Prädikanten-Gottesdienste, was auch dadurch vereinfacht wurde, dass Petr Brodský die Gemeinde mit Material ausstattete (Lesepredigten, Gebetsbücher, Gesangbücher, Bibel, Zeitschriften.)
Auch wenn die tschechisch reformierte Gemeinde in Peregu Mare offiziell Teil der rumänisch-reformierten Kirche ist, gibt es gute Kontakte mit der EKBB. 2007 wurde Jaroslav Kalousek nach der erforderlichen Vorbereitung und Prüfung von Synodalsenior Joel Ruml ordiniert, vor den Mitgliedern des Synodalrats zum Dienst an Wort und Sakrament.
An den Ordinationsfeierlichkeiten in Peregu Mare nahm die gesamte dortige Gemeinde teil und eine große Delegation von Mitgliedern der EKBB. Gute Kontakte zur EKBB haben die tschechischen Reformierten in Peregu Mare auch nachdem Petr Brodský nun in den Ruhestand ging. Die Aufgabe der Kontaktpflege zwischen Peregu Mare und der EKBB übernimmt nun Pfarrer Pavel Šebesta aus Hodonín.
Für Jaroslavs Gemeindearbeit, die er ehrenamtlich ausführt, ist seine Familie sehr wichtig. Sie steht hinter ihm. Seine Ehefrau Vera, ebenfalls engagiertes Mitglied der Gemeinde, leitet verschiedene Gemeindeaktivitäten, sie führt auch die Gemeindekartei. Der Sohn Valik ist der Gemeindeorganist. Die Gemeinde singt Lieder auf Tschechisch.
Jaroslav Kalousek kann man als einen Bewahrer oder Wächter des Glaubens sehen (Habakuk 2,1). Nun feiert Jaroslav Kalousek seinen siebzigsten Geburtstag und weiß so gut wie alle anderen, dass die kleine und langsam schrumpfende Gemeinde in Peregu Mare, auch wenn sie weit vom Heimatland entfernt ist, so lange Bestand haben wird, wie jeder von ihnen den Glauben und die Muttersprache bewahrt. Ich glaube, dass der allmächtige Herr dafür Sorge trägt, dass es immer einen Bewahrer des Glaubens geben wird.
Tibor György Tobias, Pfarrer in Peregu Mare und Kisperegu
Voller Eindrücke sind wir vom Kirchentag nach Tschechien zurückgekehrt. Zwischen Himmelfahrt und dem darauf folgenden Sonntag kamen über 100.000 Christen in Berlin und Wittenberg zusammen. Mit orangefarbigen Schals „überfluteten“ sie das Berliner Messegelände, das Stadtzentrum und viele weitere Orte der deutschen Hauptstadt. Auf die Besucher warteten laut Programmheft 2.500 Programmpunkte, unter denen jeder auswählen konnte. Gottesdienste, moderierte Debatten, Konzerte, Ausstellungen, Workshops, Morgenandachten und Bibelarbeiten, Markt der Möglichkeiten. Das erste Wunder ist, dass es gelingt, ein solches Vorhaben überhaupt zu organisieren.
Das Motto des Kirchentages lautete „Du siehst mich“ (Gen. 16,13). Ich hatte den Eindruck, dass die zentralen Podiumsdiskussionen unter diesem Blickwinkel standen. Der Herr sieht uns. Er sieht, was wir machen, ob wir es gut machen, verantwortungsvoll und gerne. Die Diskussionsteilnehmer stellten Fragen und suchten nach Antworten. Wie kann man verhindern, dass Flüchtlinge aus Afrika im Mittelmeer ertrinken? Wie den Kindern von Flüchtlingen Bildung ermöglichen? Was ist mit der sinkenden Stabilität der osteuropäischen Demokratien? Warum kommt es dazu? Wohin führt es? Die Suche nach Antwort war nicht immer leicht, aber sie war offen und nützlich. Das erscheint mir als das zweite Wunder in der heutigen Zeit voller Desinformationskampagnen und medialer Manipulation.
Ein weiteres Wunder ist die Begegnung. Bei den Veranstaltungen, an den Ständen der verschiedenen Organisationen oder nur so – auf der Straße oder in der U-Bahn. Unsere tschechische Gruppe traf sich mit Menschen aus der Gemeinde Johannisthal. Wir haben gemeinsam Gottesdienst gefeiert, die Jugend sang Taizé-Lieder, man redete bis spät in die Nacht im Pfarrgarten bei Erfrischungen, die beide Seiten vorbereitet hatten. Der Prager Schinken duftete bis auf die Straße. Wann sonst oder wo sonst sollten sich Tschechen und Deutsche begegnen? Und hier haben sie sich aus wunderbare Weise getroffen.
Das vierte Wunder in der Reihe ist der Markt der Möglichkeiten. Immer wieder versetzt mich in Staunen, wie viele hundert kleine Organisationen, Gruppen, gemeinnützige oder Hilfs- und caritative Vereine und wie viele darin engagierte Menschen Gutes tun. Umsonst und für andere. Dafür findet man kaum Worte.
Und schließlich – die Gastfreundschaft der Gastgeber, die jemanden zur Übernachtung aufnehmen. Über das Quartierbüro bekommen Sie Kontakt zu jemandem, den Sie in Ihrem Leben nie gesehen haben und derjenige Sie nicht. Trotzdem nimmt er Sie bei sich zu Hause auf und nach einem anstrengenden Tag legen Sie sich in die liebevoll vorbereiteten frisch duftenden Betten. Und noch dazu bekommen Sie morgens zum Frühstück Brötchen mit selbst gemachter Kirschmarmelade wie mein Mann und ich bei Henschels. Nun sagen Sie selbst – ist das kein Wunder?
Daniela Ženatá (Übersetzung Helgunde Henschel)
Es wurde für Weinstock, den Gemeindebrief der Evangelischen Kirchengemeinde Bohnsdorf-Grünau geschrieben.
Der evangelische Kindergarten in Tábor
Am 2. Juli 2017 wurden wieder 30 Schulanfänger aus dem Kindergarten der evangelischen Gemeinde in Tábor feierlich verabschiedet. Traditionell geschah dies auf dem Sommerfest des Kindergartens. In einer großen Feier mit Kindern, Eltern und Verwandten, musikali-schen Darbietungen und einem bunten Spielprogramm wurden die Vorschulkinder zu Rittern geschlagen, damit sie dann im Herbst in die erste Klasse aufgenommen werden können.
Der kirchliche Kindergarten »Rybička« (übersetzt: Kleiner Fisch) wurde im Zuge des gesellschaftlichen Umbruchs Anfang der 90er Jahre von der örtlichen Gemeinde der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder unter Federführung ihres langjährigen Pfarrers Ondřej Soběslavský in Tábor gegründet. Heute betreut er an zwei Arbeitsstätten und in vier Gruppen insgesamt 84 Kinder.
Der Kindergarten »Rybička« setzt im Rahmen der Erziehung der drei- bis sechsjährigen Vorschulkinder seine besonderen christlichen Akzente. Groß geschrieben werden Zusammenarbeit und gegenseitige Hilfe, das Wahrnehmen von Bedürfnissen anderer, Solidarität und Toleranz, Respekt gegenüber der geschaffenen Natur, der Aufbau von vertrauensvollen Beziehungen in der Gruppe. Auch die Vermittlung der biblisch-christlichen Tradition gehört natürlich zum Bildungsprogramm des Kindergartens.
Dadurch, aber vielleicht noch mehr durch die hohe Motivation seiner Mitarbeiterinnen und die besondere Atmosphäre in den Gruppen gewinnt dieser bis vor weinigen Jahren noch einzige evangelische Kindergarten in der Tschechischen Republik sein besonderes Gepräge.
Die Evangelische Kirche der Böhmischen Brüder hat heute nur noch sehr wenige Mit-glieder. In der ganzen Tschechischen Republik ist sie auf knapp über 50.000 Gläubige zusammengeschrumpft. Nach wie vor haben jedoch ihre diakonischen und Bildungs-aktivitäten in der Bevölkerung eine große Ausstrahlungskraft.
Das Angebot in Tábor wird bei weitem nicht nur von Mitgliedern der evangelischen Kirche genutzt. Zu den Familien, die ihre Kinder in den Kindergarten »Rybička« schicken, gehören Christen sämtlicher am Ort vertretenen Kirchen, darüberhinaus aber auch nicht konfessionell festgelegte Menschen, denen an einer anspruchsvollen Erziehung für ihre Kinder liegt. In Tschechien sind reformpädagogische Ansätze wie etwa die Montessori-Pädagogik gleichermaßen in kirchlichen wie in den nichtkirchlichen Privatschulen zu Hause. Die kirchliche Bindung ist für die Eltern bei der Wahl des Kindergartens eher zweitrangig.
Eine Besonderheit in Tábor ist aber, daß hier schulische Angebote ganz eng mit den Kirchengemeinden verbunden sind. Während in der römisch-katholischen Kirche andernorts meist die Diözesen Schulträgerschaft übernehmen, ist es in Tábor die örtliche Kirchengemeinde, die analog zum evangelischen Kindergarten eine christliche Grundschule unterhält. Und um das Bild abzurunden: Leiterin dieser Grundschule war bis Anfang dieses Jahres ein Mitglied der evangelisch-reformierten Brüderkirche.
So sind ökumenische Offenheit und Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Kirchen ein sehr fruchtbarer Boden, auf dem der Kindergarten »Rybička« wachsen und gedeihen konnte.
Im Blick auf die kommenden Jahre steht »Rybička« allerdings vor einigen Herausfor-derungen, was vor allem mit der Finanzierung zu tun hat. Kirchliche und Privatschulen sind in der Tschechischen Republik zwar in das staatliche Bildungssystem integriert, jedoch bei der Finanzierung wesentlich schlechter gestellt als die staatlichen Schulen.
Letztere können nicht nur kostenlos staatliche Gebäude nutzen, sonderen kommen auch noch in den Genuß zusätzlicher Subventionen von Städten und Gemeinden. Auch die staatlichen Zuwendungen pro Kind (Normative) liegen in den kirchlichen Kindergärten niedriger. Die Leiterin des Kindergartens Naděžda Stolínová Nebeská beziffert den Finanzierungsvorsprung, der städtischen Einrichtungen in Tábor gegenüber den kirchlichen und privaten Kindergärten auf etwa 1 Million tschechische Kronen jährlich - ein Viertel des Kindergartenhaushalts. Mit der Kindergartengebühr von umgerechnet monatlich etwa 20 Euro ist dieses Problem nicht zu lösen.
Dadurch, daß die Kirchengemeinde über geeignete Gebäude verfügte, wurde die Gründung des Kindergartens überhaupt erst möglich. Die Miete vom Kindergarten ist aber für deren Instandhaltung und Renovierung kaum ausreichend. Die fehlenden Mittel müssen entweder von der Gemeinde als Trägerin aufgebracht oder den eigenen Mitarbeitern vom Mund abgespart werden. So bekommen die pädagogischen Mitarbeiterinnen von »Rybička« niedrigere Löhne als an den städtischen Kindergärten, die Hauswirtschaftlerinnen schlicht den tschechischen Minimallohn - eine Situation, die sicher nicht mehr lange zu halten sein wird.
Eine kleines zusätzliches Finanzierungsfenster öffnete sich im vergangenen Jahr durch die auch in der Tschechischen Republik eingeführte Inklusion, die am evangelischen Kindergarten seit je einen hohen Stellenwert einnimmt. Im letzten Jahr erhielt »Rybička« so die Möglichkeit, drei Mitarbeiterinnen aus Haushaltsmitteln für die Integration körper- und lernbehinderter Kinder zu finanzieren.
Für die Zukunft wird freilich die Auslastung des Kindergartens die entscheidende Rolle spielen. Bis jetzt war der kirchliche Kindergarten voll ausgelastet, während mancher städtische Kindergarten freie Plätze hatte.
In den kommenden Jahren werden die Kindergartenjahrgänge wieder sinken. Außerdem zwingt der Wettbewerb auf dem Arbeitsmarkt auch in der Tschechischen Republik immer mehr Eltern, die eigenen Kinder möglichst früh in einer Kinderbetreuungseinrichtung unterzubringen. Kindergärten, die auch Kinder unter drei Jahren aufnehmen können (und wollen), sind also bei den Anmeldungen im Vorteil.
Wie sich die Nachfrage in den nächsten Jahrgängen entwickelt, wird man sehen. Die Anmeldungen für das neue Schuljahr geben Grund zu vorsichtigem Optimismus.
Mit dem aus Deutschland stammenden neuen Pfarrer Christof Lange, der übrigens im Lehrplan des Kindergartens fest eingebunden ist und zweimal pro Woche alle Kindergruppen besucht, ist in der Kirchengemeinde nach längerer Vakanz auch wieder ein fester Ansprechpartner vorhanden, der das besondere Engagement der hiesigen Evangelischen auf dem Gebiet der Bildung und Erziehung weiterführt.
Der weltberühmte Pädagoge und tschechische evangelische Bischof Johannes Amos Comenius (1592-1670) gilt als Erfinder der Kindergärten, für die in Tschechien bis heute sein Begriff »Mutterschule« verwendet wird. Sein Anliegen war, daß auch die Kinder von Anfang an ernst genommen werden. Schon von klein an gibt es viel zu lernen, in jedem Lebensabschnitt wieder Neues und Anderes. Und auch die Kleinen schon auf ihrem lebenslangen Weg des Glaubens zu begleiten, ist ein wichtiger Bereich kirchlicher Arbeit. Daß gerade die evangelischen Kirchen davon wissen, und dieses Wissen auch gern mit allen Menschen teilen, das kann man im Kindergarten »Rybička« täglich erleben.
Wolf-Dieter Kamp
In der Tschechischen Republik stehen zwei wichtige Wahlen an. Im Herbst werden die Abgeordneten des Parlaments gewählt und Anfang nächsten Jahres der Präsident der Republik.
Schon fast dreißig Jahre leben wir in politischer Freiheit, aber das Vertrauen in politische Parteien und in Politiker ist gering. Wir sind überzeugt, dass es sich lohnt, sich für eine bessere Verwaltung der öffentlichen Angelegenheiten einzusetzen, und dass bürgerschaftliches Engagement wertvoll ist. Wir wollen zu unserer Verantwortung für die öffentlichen Angelegenheiten stehen. Als Bürger wollen wir versuchen, diejenigen kennenzulernen, die ein öffentliches Amt anstreben, sowie ihre Wahlprogramme und ihr bisheriges Wirken, damit wir beurteilen können, wem wir unser Vertrauen schenken.
Das Christentum ist kein politisches Programm. Der nachfolgende Aufruf ist nicht an eine politische Partei gebunden, sondern an den Respekt vor den Grundwerten des menschlichen Zusammenlebens.
Unterstützen wir bei der Wahl Kandidaten, von denen wir erwarten können, dass sie in ihrer politischen Funktion
* die Wahrheit sprechen und nach ihren Worten handeln,
* dem Gemeinwohl Vorrang geben und nicht Privat- oder Partikularinteressen,
* sich um Gerechtigkeit bemühen und aus deren bisherigem persönlichen Verhalten die Achtung vor dem Recht, vor Bildung und dem Wert traditioneller Anständigkeit spricht,
* den Respekt vor der Wahrheit und Freiheit hoch halten und sich denen entgegen stellen, die um biliiger Beliebtheit willen Angst schüren,
* auch in schwierigen Zeiten couragiert dafür eintreten, die Menschenrechte zu verteidigen und da zu helfen, wo Menschen von Unglück betroffen sind,
* sich die Nöte und Befürchtungen ihrer Mitbürger anhören, friedliche Lösungen suchen und auf die Probleme eingehen, die die ganze Gesellschaft betreffen,
*erfolgreiche, redliche und selbstlose Menschen schätzen und gleichzeitig ihre Aufmerksamkeit den Menschen zuwenden, die auf irgendeine Weise schwach und von der Gesellschaft ausgegrenzt sind,
*die Probleme des Umweltschutzes ernst nehmen und Entscheidungen unterstützen, die verantwortungsvoll in Bezug auf das Leben zukünftiger Generationen und insgesamt für den Erhalt unseres Planeten sind,
* bereit sind, sich aktiv für Angelegenheiten einzusetzen, die über den Rahmen unserer Landespolitik hinausgehen, nach dem Vorteil für das größere Ganze zu suchen und sich innerhalb der EU und auch über ihre Grenzen hinaus solidarisch zu verhalten.
Die bevorstehenden Wahlen sehen wir als Möglichkeit, die Rolle der Tschechischen Republik in den kommenden Jahren in der europäischen und weltweiten Politik positiv zu beeinflussen. In einer Reihe von Ländern werden Stimmen stärker - und solche fehlen auch bei uns nicht -, die die Grundpfeiler der Demokratie, die Souveränität des Rechts, die Meinungsfreiheit, Solidarität und insgesamt das einzigartige europäisch-politische Projekt, dessen Teil wir sind, anzweifeln. Die Geschichte lehrt uns, dass die Verachtung dieser Werte verhängnisvolle Folgen für unser aller Leben haben könnte.
Wir haben die Hoffnung, dass jeder von uns auf die Geschichte Einfluss nehmen kann und dass nicht Apathie und Selbstsucht überwiegen, sondern die Sehnsucht nach Frieden und einem kostruktiven Zusammenleben.
Belgická 22, CZ 120 00 Praha 2, Czech Republic
Tel: (+ 420) 242 487 811 (812); Fax: (+420) 242 487 834
E-mail: info@diakonie.cz
Internet: www.diakonie.cz
Die Diakonie der Evangelischen Kirche der Böhmischen Brüder (EKBB) ist eine gemeinnützige christliche Organisation, die Hilfe und Unterstützung anbietet für ein würdiges und vollwertiges Leben, auch wenn es durch Alter, Krankheit, gesundheitliche Behinderungen, Isolation, schwierige soziale Situationen und andere Lebenskrisen beeinträchtigt ist. Die Dienste der Diakonie der EKBB erfolgen auf der Grundlage der Botschaft des Evangeliums von der Liebe Gottes und nach dem Vorbild des Dienstes Jesu Christi. In ihren Zentren und Spezial-Schulen bietet die Diakonie soziale, gesundheitliche, Bildungs- und Seelsorgedienste an. Unter den nicht-staatlichen Organisationen, die soziale Dienste anbieten, ist die Diakonie der EKBB die zweitgrösste Institution.
Die Diakonie wächst - es gibt mehr als 130 Einrichtungen in der ganzen Tschechischen Republik. In der Diakonie arbeiten rund 2000 Mitarbeitende. Die Schulen und Kindergärten der Diakonie werden von 423 Kindern besucht. Es gelang auch, dass die Diakonische Akademie, die verschiedene Weiterbildungskurse anbietet, jetzt auch Angebote für die Sozialen Dienste miteinschließt. Die Kurse stehen nicht nur Mitarbeitenden der Diakonie offen, sondern auch weiteren Interessierten der Sozialen Arbeit. Aktuell bietet die Diakonische Akademie 50 verschiedene Themen der Weiterbildung an und ist die einzige Akademie auf dem tschechischen Markt, die auch Langzeit- (6 monatige) Fortbildungen anbietet, für Management im Sozialen Dienst, für Mitarbeitende, die mit Menschen mit Demenz arbeiten und für Assistenten, die Menschen mit Behinderungen und Autismus unterstützen.
Der Diakonie Litoměřice ist die Integration von Erwachsenen mit Behinderungen ein Anliegen. Um auf ihr schon 25-jähriges Bestehen aufmerksam zu machen, wurden von den Klienten der Tageseinrichtungen der Diakonie auf den Straßen in Litoměřice Statuen aufgestellt, die sie selbst nach ihrem eigenen Bild und mit ihrem eigenen Körpereinsatz hergestellt hatten. Jede Statue hat eine andere Haltung: auf einer Bank mit einer Tasse Kaffee in der Hand, beim Warten auf den Bus, zwei Statuen gehen Hand in Hand Richtung Diakonie-Eingang. Niemand aus der Diakonie hat natürlich geahnt, was diese Idee bei anderen auslöst. Heute beleben die Statuen die ganze Stadt. Nicht nur die Klienten der Diakonie und ihre Eltern, sondern auch Beamte, Polizisten, Unternehmer und andere Einwohner interessieren sich mehr für das Leben der Bewohnerinnen und Bewohner der Diakonie. Bei jeder Installation wird aufgeführt, wer die Statue gemacht hat und welche Geschichte hinter der Person steckt. Interessierte können so auf diese Weise etwas über das Leben von Menschen mit Behinderung erfahren und über die Unterstützungen, die sie brauchen. Menschen mit Behinderungen rücken so mehr ins Blickfeld und das ist der Sinn der Aktion.
Und was passierte während des ersten Wochenendes, nach der feierlichen Eröffnung der Installation?
Freitag: in der Nacht verschwindet die Statue Jan.
Samstag: die Statue Jan taucht wieder vor einem Supermarkt auf – ohne Kopf.
Sonntag: die Statue Martin ist angemalt, die Statue Michal liegt auf der Erde mit einem abgebrochenen Arm und Bein... und die Statue Jara hat jemand weggetragen.
Die Mitarbeitenden der Diakonie haben sich entschieden, dem etwas entgegen zu setzen. Gleich am Montag wurden deswegen die Statuen wieder ausgebessert und neu aufgestellt.
Und die Stadt erfasste eine Welle von Interesse und Solidarität. Die Nachricht über die entstellten Statuen von behinderten Menschen war ein delikates Thema, und so begannen sich auch die Medien dafür zu interessieren. In der Diakonie gingen Angebote ein, wie man die Statuen gemeinsam bewahren könnte, oder wo man sie an geschützteren Orten aufstellen könnte. Und das bewegte wohl auch das Gewissen der Vandalen – zumindest derjenigen, die die Statue von Jara weggeschafft hatten. Sie kam nach einer Woche zurück, und war sogar mit eine Entschuldigung versehen.
Und heute? Die Klienten der Diakonie werden von den Menschen in Litoměřice auf der Straße angehalten und wie bekannte Persönlichkeiten gegrüßt, man wünscht ihnen alles Gute.
Ein Vierteljahrhundert Existenz feiert auch das Zentrum der Diakonie Blanka in Písek. Es wurde am 1.5.1992 gegründet, und von Anfang an pflegte man Alte und Kranke aus Písek und der Umgebung. Zum Diakonie-Zentrum gehört ein Altenheim mit dem Namen Domovinka (Kleines Zuhause), das Betreute Wohnen Vážka (Libelle), und der mobile Pflegedienst.
Den Menschen in Myanmar war die diesjährige Spende zur Fastenaktion zugedacht, die in allen Gemeinden der EKBB stattfand. In Lagern für "Inlands-Flüchtlinge" im Westen Myanmars leben über 100 Tausend Menschen. Manche von ihnen flohen vor Konflikten zwischen verfeindeten Volksgruppen. Manche wurden vom Hochwasser aus ihren Häusern vertrieben. Die Diakonie hilft dort schon seit drei Jahren. Der Ertrag der diesjährigen Fastenaktion betrug 400 Tausend Kronen. Er wird für die Wiedererrichtung von fünf Schulen genutzt werden und zur Unterstützung von 400 Haushalten in den Flüchtlingslagern.
Adam Šůra
P.O. Box 529, Černá 9,
CZ 115 55 Praha 1, Czech Republic
Tel: (+ 420) 221 988 211; Fax: (+ 420) 221 988 215
E-Mail: intl@etf.cuni.cz
Internet: http://web.etf.cuni.cz/ETFENG-1.html
Die Evangelisch-Theologische Fakultät der Karlsuniversität (ETF UK) ist die Nachfolgerin der Jan-Hus- Fakultät (1919–1950) und der Comenius-Fakultät (1950–1990). Im Jahr 1990 wurde sie in die Karlsuniversität eingegliedert. Die Verwaltung der Fakultät wird vom Dekan und dem Team der Prodekane geleitet, die auf vier Jahre in ihr Amt gewählt werden. Die Fakultät bietet Bakkalaureats- und Master-Studiengänge an – in evangelischer Theologie, Diakonie (Seelsorge und Sozialarbeit), ökumenische Studien, und verschiedene theologische Bereiche auf Doktoranden-Ebene. Die Fakultät ist ökumenisch für alle offen. Pfarrerinnen und Pfarrer der EKBB erhalten hier ihre Ausbildung.
Vom 06.–20.Mai.2017 machten sich Prof. Martin Prudky und Dr. Filip Capek zusammen mit Studenten der Evangelisch-Theologischen Fakultät der Karls-Universität Prag auf ins Heilige Land nach Israel. Anlass der Reise der zehnköpfigen Gruppe, welche im New Imperial Hotel nahe des Jaffatores unterkam, war die Einladung Yuval Gadots, eines Archäologieprofessor der Universität Tel-Aviv, am „Ancient Jerusalem Excavation Project“ in der sogenannten Zone E in der Davidsstadt südöstlich der heutigen Jerusalemer Altstadt teilzunehmen. Unter Leitung von Gadots Mitarbeiterin Helena Roth und Johanna Regev, einer Expertin für Radiokarbon-Datierung, verfolgte die Gruppe zusammen mit weiteren Archäologiebegeisterten das Ziel, verwertbare Materialien wie Asche, Knochen, Olivenkerne oder Keramikstücke aus möglichst vielen Sedimentschichten freizulegen, welche für die spätere Analyse im Labor hilfreich sein könnten. Der wissenschaftliche Hintergrund ist das Anliegen eine lückenlose Chronologie für Jerusalem zu erstellen, anhand derer man weitere historische Ereignisse und Funde datieren kann. Hauptaugenmerk liege laut Gadot auf dem Eisenzeitalter (11.-7.Jahrhundert v. Chr.), weshalb die Grabung durch Sedimentschichten ebendieses Zeitalters ein primäres Anliegen war und ist. Am Ende der zweiwöchigen gemeinsamen Arbeit ließ sich resümieren, dass man mehr Material und Sichten als erwartet gefunden hat und deshalb eine weitere Grabung an selbem Ort im Juli angesetzt wurde, um mehr Materialien zu sichern und ein geschlossenes chronologisches Bild erhalten zu können. Zudem stellte Gadot einen Besuch in Prag im nächsten Jahr in Aussicht, um die Ergebnisse der Grabung vorzustellen. Man darf also gespannt sein, zu welchen archäologischen Erkenntnissen über Jerusalem die Arbeit der Prager Delegation beigetragen hat.
Doch nicht nur die gewissenhafte Ausgrabungsarbeit stand im Fokus des zweiwöchigen Aufenthaltes, sondern auch die Auseinandersetzung mit aktuellen Themen, Kultur und der Historie des Heiligen Landes. So hielt Dr. Joe Uziel eine Vorlesung über derzeitige Ausgrabungen in der Davidsstadt und deren Wichtigkeit für die Untersuchung des antiken Jerusalems und sein Kollege Dr. Omer Sergi sprach über ebenjenes Jerusalem im 10.Jh. v. Chr.. Zudem stand ein Besuch des Albright Institut und der St. Stephanuskirche mit angeschlossenem Dominikanerkloster im Osten der Stadt, sowie die Erkundung der am und um den Ölberg gelegenen Kirchen mit anschließendem Gang über die Via Dolorosa auf dem Plan. Auch die Besichtigung des unweit der Ausgrabungsstätte gelegenen Warren’s Shaft und das Durchschreiten des kanaanitischen und des Hiskija-Tunnels, welcher noch heute das Wasser der Gihonquelle in die Stadt in den sogenannten Shiloah-Teich befördert, gaben Einblick in das vorchristliche Jerusalem. Noch tiefere Erkenntnisse über die Geschichte Jerusalems brachte eine Führung von Dr. Guy Stiebel durch das Israel Museum, in welchem sich ein detailliertes Modell Jerusalems in der Zeit des zweiten Tempels befindet. Ein weiteres Highlight der ohnehin ereignisreichen Grabungswochen stellte die Führung von Amit Re‘em durch die im Herzen des Christlichen Viertels gelegene Grabeskirche Christi dar.
Unterbrochen wurden die beiden Grabungswochen von einem nicht weniger außergewöhnlichen Wochenende. So stand am Samstag neben dem Aufstieg zur früheren jüdischen Festung Masada und dem Baden im Toten Meer ein Besuch der Siedlung Qumran auf dem Programm, in welcher Beduinen 1947 die bis heute ältesten bekannten Bibelhandschriften der Welt fanden. Am Sonntag ging es unter Leitung von Dr. Norma Franklin zunächst nach Shiloh, wo sich das erste Heiligtum nach der Landnahme befunden haben soll. Anschließend folgte die Besichtigung des Berg Gerazim, welchen die Samaritaner, die sich ebenso wie das Judentum als direkte Erben des Volkes Israel sehen, als ihren Heiligen Berg verehren. Ihrem Hohepriester zufolge sei er der Ort sogar der Platz der Opferung Isaaks gewesen. Den Abschluss des Wochenendes stellte ein aufschlussreicher Besuch in der Hauptstadt des früheren Königreiches Israel Samaria dar.
Was bleibt ist die Erinnerung an zwei außergewöhnliche Wochen, welche einen tiefen Einblick in die Geschichte, die Archäologie und die aktuelle Situation des Heiligen Landes offenbarten und die Empfehlung, dieses zauberhafte Land einmal mit eigenen Augen zu erkunden.
Richard Roch
Im Oktober 2016 kündigte der Rektor der Karlsuniversität eine neue hochrangige Auszeichnung an, die Donatio Universitatis Carolinae. Diese Auszeichnung soll führenden Forschern zuteilwerden, die einen wesentlichen Anteil am internationalen Prestige der Universität haben. Sie ist von einem Preisgeld in Höhe von einer Million CZK begleitet, mit der Absicht, das Forschungsinteresse des Ausgezeichneten weiter zu unterstützen.
2017 wurden von einem internationalen Beratungsorgan aus einer Anzahl von 17 Nominierten aus der ganzen Karlsuniversität fünf Forscher für diese Auszeichnung ausgewählt. Einer der fünf Empfänger, die den Preis bei einem Festakt am 6. März 2017 von dem Rektor erhielten, war Professor Petr Pokorný von der Evangelisch-Theologischen Fakultät. Der Festakt fand am Jahrestag der Gründung der Karlsuniversität statt.
Pokorný ist seit vielen Jahrzenten ein weltweit bekannter Neutestamentler. Er ist Mitglied von vielen führenden tschechischen, wie auch internationalen Wissenschaftsvereinigungen. Er war schon in den siebziger Jahren Mitglied der Arbeitsgruppe für die neue tschechische ökumenische Bibelübersetzung; er war Vorsitzender für die Untergruppe zum Neuen Testament. Der Preis Donatio Universitatis Carolinae gilt als Anerkennung seiner Sonderforschung im Bereich der koptischen gnostischen Literatur, in der Genealogie der Schriften der synoptischen Evangelien und Deutero-paulusbriefe, wie auch in der Bibelhermeneutik. Das Preisgeld wird den Verlauf seiner jetzigen Forschungsprojekte weiter unterstützen, vornehmlich seine Arbeit an der Publikationsreihe Der tschechische ökumenische Kommentar zum Neuen Testament, und auch die historische Forschung zu Jesus von Nazareth.
Pfarrer Dr. Alistair Donald kam im frühen Mai dieses Jahres zu einem von dem Erasmusprogramm organisierten Besuch nach Prag, als Gast der Evangelisch-Theologischen Fakultät. Er ist Pfarrer einer Schwesterkirche der EKBB, der Church of Scotland, und er arbeitet als Kaplan an der Herriot-Watt-Universität, eine Wissenschafts- und Technikuniversität in Edinburgh. Hier seine Eindrücke von dem Besuch:
Obwohl ich schon vorher Prag für einen kurzen Urlaub besucht hatte, ermöglichte mir die Woche, die ich jetzt hier verbrachte, ein viel komplexeres Bild der Stadt, der Kirche und des Studentenkontextes. Ich hatte hilfreiche Diskussionen mit den Unterrichtenden, wie auch mit den Studierenden und anderen, die im Studentendienst tätig sind.
Es gibt viele interessante Ähnlichkeiten, wie auch Unterschiede, zwischen den Städten Edinburgh und Prag. Sie sind beide von einer großen, auf einem Berg platzierten Burg dominiert, und sie haben beide eine Geschichte, die mehr als ein Jahrtausend zurückreicht. Nur in Edinburgh gibt es kein Äquivalent des Flusses, der durch die Stadt Prag fließt. Es war interessant zu sehen, was für eine prominierte Stelle das Denkmal von Jan Hus auf dem Altstädter Ring hat. Daneben erfuhr ich, dass Hus sogar für diejenigen ein Nationalheld ist, die nicht religiös sind. Im Gegensatz dazu schämen sich heute viele in Schottland für unseren Reformator John Knox, und sie neigen dazu, ihn zu verunglimpfen und seinem riesigen Einfluss auf unser Bildungssystem zu ignorieren.
Der säkulare Kontext, in dem die Kirchen in unseren zwei Ländern tätig sind, hat natürlich ganz unterschiedliche Geschichten; doch sie ähneln sich. Es gibt eine bestimmte Offenheit für Fragen des Geistes, und gleichzeitig Skeptizismus und sogar Feindseligkeit gegenüber dem Christentum.
Da ich einen naturwissenschaftlichen Hintergrund habe, ist eines meiner Interessen die Beziehung von Wissenschaft und Glaube, und ich versuche darauf aufmerksam zu machen, dass sie keine „Feinde“ sind, wie man oftmals denkt. Es war schön, nach meinem Vortrag an der Hussitischen Theologischen Fakultät eine Zeit voll von lebendigen Fragen mit den Dozenten und Studenten zu erleben.
Ich bedanke mich herzlich bei Herrn Peter Stephens für seine wertvolle Hilfe, da er mir viele Kontakte und Begegnungen vermittelte. Ich bedanke mich auch bei vielen Mitgliedern der Fakultät und bei anderen aus dem Prager studentischen Umfeld, für ihre Zeit und Assistenz beim Austausch von wertvollen Erfahrungen.
Alistair Donald
Die Karls-Universität ist eine der ältesten Universitäten der Welt. Ihr langes Überleben verdankt sie ihrer Anpassungsfähigkeit, und anpassen möchte sie sich auch an die heutigen Bedingungen. Eines der Mitteln dazu ist die internationale Zusammenarbeit, deshalb schließt die Universität zahlreiche Partnerschaften in der ganzen Welt.
Eine Gruppe von 25 Leuten verschiedener Fakultäten der Universität, geleitet vom Rektor der Universität und seinem Team, reiste zu diesem Zweck im April ins Vereinigte Königreich. Die theologischen Fakultäten waren sehr gut vertreten, durch drei Mitglieder der Evangelisch-Theologischen Fakultät, dem Vize-Dekan für internationale Beziehungen, Dr. Jan Roskovec, zusammen mit Professor Pavel Hošek und Professor Tim Noble, und zwei Mitgliedern der Katholisch-Theologischen Fakultät – Dr. Martin Kočí und Dr. František Štěch.
Wir haben mit dem Besuch von Cambridge begonnen, wo wir Mitglieder der Fakultät der Religionswissenschaften begegnet sind, zu manchen von welchen wir bereits Kontakt hatten. Wir haben interreligiöse Beziehungen, biblische Studien, und den Zusammenhang zwischen Glauben, Religionswissenschaft und Kultur diskutiert - alle gemeinsamen Interessensgebiete. In Oxford haben wir ein paar Vertreter der Fakultät der Religionswissenschaften getroffen und untersuchten unsere gemeinsamen Interessgebiete der Geschichte der Bibel, sowie in zeitgenössischer Philosophie und Theologie, sowie den christlich-muslimischen Dialog.
Aus Oxford sind dann Dr. Roskovec und Professor Hošek weiter nach Edinburgh und St. Andrews in Schottland weitergereist. Insbesondere in Edinburgh mit seiner Tradition der reformierten Kirche bestand eine natürliche Partnerschaft und es ging eher darum die existierenden Beziehungen zu vertiefen. Die drei anderen Theologen unserer Gruppe sind nach Durham weitergefahren, wo unsere Fakultät bereits durch Erasmus-Austausch Kontakte hat. Dort wurde über die Zusammenarbeit mit CODEC (das Forschungszentrum für Digitaltechnik) gesprochen.
Persönlich haben mir alle Begegnungen deutlich gemacht, wie wichtig persönsliche Kontakte und dass Treffen von Angesicht zu Angesicht für den Aufbau von Beziehungen sind. Theologie an der Universität trifft auf viele Herausforderungen in ganz Europa, und nur wenn wir zusammen arbeiten, können wir uns den Herausforderungen stellen und eine vom Glauben inspirierte Antwort für das Gute und das Böse in unseren Kulturen anbieten. Es ist auch gut zu erkennen, dass wir mit unserer tschechischen Erfahrung den britischen Universitäten etwas anzubieten haben, so wie wir auf ihr Wissen und ihre Erfahrung zurückgreifen können. Als post-totalitäre und weitgehend mono-kulturelle Gesellschaft haben wir unterschiedliche Erfahrungen und Ansprüche, die berücksichtigt werden müssen, und wir können die stärker multi-kulturellen und interreligiösen Erfahrungen in Britannien nutzen, um unsere Reaktionen und was uns fehlt zu untersuchen. Es sind gerade die persönlichen Treffen, die dieses Wissen nach Hause bringen und Reisen wie die unsere nach England so wertvoll machen. Und wir hatten auch ein bisschen Sonne!
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